Wenn es nach dem Willen der Politik geht, soll sich die Wohnungssituation in den deutschen Großstädten in den kommenden Jahren deutlich verändern. Die steigenden Mieten der vergangenen Zeit sind ausschlaggebend für eine neue Offensive im Wohnungsbau, denen so entgegengetreten werden soll. Die politischen Pläne scheinen nun Früchte zu tragen, denn tatsächlich hat das Statistische Bundesamt bekanntgegeben, dass sich der Wohnungsbau in Deutschland im Jahr 2019 auf dem höchsten Stand seit 2001 befand. Trotzdem ist man aber noch weit entfernt von den ambitionierten Zielen der Großen Koalition.
Wohnungsbau in Deutschland seit den 1990er Jahren
In den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung gab es in Deutschland einen regelrechten Bauboom. Dieser betraf den staatlich geförderten sozialen Wohnungsbau ebenso wie privat finanzierte Wohnungen, welche später zur Vermietung bereitstanden. Bereits Mitte der 90er Jahre gab es hier jedoch einen Einbruch zu verzeichnen und so schrumpfte die Zahl der neu gebauten Wohnungen bis 2011 auf knapp 200.000 neue Wohnungen pro Jahr. Die Folgen wurden allerdings erst in den vergangenen Jahren wirklich spürbar: Durch die stetige Zuwanderung in die Großstädte wird der Wohnraum in den Ballungszentren knapp, wohingegen die ländlichen Regionen mit Leerständen zu kämpfen haben.
Dies sorgte für steigende Immobilienpreise in den größten deutschen Städten. Vor allem Berlin, Hamburg und München gelangten daher häufig in die Schlagzeilen, was letztendlich auch zu der umstrittenen Mietpreisbremse in der Hauptstadt führte. So sind die durchschnittlichen Preise pro Quadratmeter in Berlin zwischen 2004 und 2019 von knapp über 5,00 € auf 9,57 € gestiegen, was einem Zuwachs von fast 90 Prozent entspricht. Während Mieter in den Großstädten das Nachsehen haben, profitieren Immobilienbesitzer. Dank steigender Immobilienwerte sowie höheren Mieteinnahmen können Vermieter seit knapp zwanzig Jahren auf eine gute Rendite zurückschauen. Das Ziel der Politik ist daher, den Wohnungsbau in den Städten wieder voranzutreiben und so den steigenden Mietpreisen entgegenzuwirken.
Entwicklung der letzten Jahre
Das ambitionierte Ziel der Großen Koalition liegt bei 1,5 Millionen neu gebauten Wohnungen bis zum Ende der Legislaturperiode 2021. Und durchaus: Die Zahl der neuen Wohnungen ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen und erreichte laut dem Statistischen Bundesamt 2019 ihren Höchstwert mit 293.000 neuen Wohnungen, was ein Plus von 2,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Die gestiegene Zahl ist in erster Linie auf neue Mehrfamilienhäuser zurückzuführen, bei Einfamilienhäusern ist hingegen derzeit kein Bauboom zu verzeichnen. Gleichzeitig kletterte die Zahl an neuen Wohnungen damit sogar auf den Höchststand seit 2001 - damals wurden sogar 326.000 Wohnungen gebaut. Die Zielsetzung von CDU und SPD von jährlich 375.000 neuen Wohnungen ist damit jedoch verfehlt. Abzuwarten bleibt außerdem, ob sich dieser Trend in den kommenden Jahren halten kann. Nicht zuletzt die derzeitige Wirtschaftskrise, ausgelöst durch das neuartige Coronavirus, könnte den Bauboom stoppen.
Des Weiteren steigt die Zahl der genehmigten, jedoch nicht fertiggestellten Wohnungen seit Jahren an. Diese liegt mit über 740.000 Wohnungen gar auf dem Höchststand seit 1998. Zum einen spielen hier die hohe Auftragsflut, welche von den Gewerken kaum abzuarbeiten ist, eine Rolle – zum anderen jedoch auch bürokratische Hürden, die vor allem in Großstädten mit wenig Baufläche ein großes Problem bedeuten können. Da sich hier jedoch aufgrund von Fachkräftemangel und fehlendem Bürokratieabbau in der kommenden Zeit vermutlich wenig tun wird, ist es ungewiss, ob in diesem oder im kommenden Jahr die Zahl der neuen Wohnungen auf annähernd 400.000 steigen wird.
Was die steigende Zahl an Wohnungsbauten bedeutet
Weder für Mieter noch für Vermieter wird sich daher in absehbarer Zukunft etwas ändern. Trotz der Offensive im Wohnungsbau steigen die Mieten in den Metropolen derzeit weiter an. Letztendlich lässt sich der Missstand, welcher sich bereits seit den 90er Jahren entwickelt hat, nicht innerhalb weniger Jahre kompensieren. Vermieter müssen daher nicht mit sinkenden Mieteinnahmen rechnen, können aber die Chance nutzen und weiter am Wohnungsmarkt investieren. Denn grundsätzlich besteht der politische Wille, den Wohnungsbau voranzutreiben und finanzielle sowie bürokratische Hürden abzubauen. Dies zeigen die steigenden Zahlen der Wohnungsbauten, auch wenn es hier und dort noch etwas hapert.
Fazit
Von dem politischen Ziel, bis Ende der Legislaturperiode 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen, ist man also weit entfernt. Der neue Bauboom ist zwar unter anderem auf den politischen Willen zurückzuführen, aber eben auch auf die hohe Nachfrage nach Wohnraum in den Großstädten. Dass diese Nachfrage in den kommenden Jahren wieder sinken wird, ist unwahrscheinlich. Mit fallenden Mieteinnahmen für Vermieter ist daher auch in Zukunft nicht zu rechnen – nur vielleicht nicht mehr mit derart hohen Mietsteigerungen wie in den vergangenen Jahren. Die Situation kann letztendlich sogar als Chance begriffen werden: Die stabile Nachfrage in den Großstädten und eine Politik, welche den Wohnungsbau fördern möchte, macht es Immobilienbesitzern oder denen, die es werden wollen, leicht, auf dem Markt Fuß zu fassen.