Steigende Strompreise belasten die Verbraucher zunehmend. Aus diesem Grund sind viele Eigenheimbesitzer dazu übergegangen, Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern zu installieren, um zumindest einen Teil des eigenen Stromverbrauchs selbst aufzufangen beziehungsweise überschüssigen Strom ins Stromnetz einzuspeisen. Rund die Hälfte der Menschen leben hierzulande allerdings zur Miete, weshalb diese Option für sie nicht infrage kommt. Alternativen wie „Balkonkraftwerke“ erfreuen sich daher immer größerer Beliebtheit, da sie auch von Mietern mit einem Balkon oder einer Terrasse genutzt werden könnten. Vermieter sind bei derartigen baulichen Maßnahmen allerdings häufig skeptisch und versuchen die Installation von Photovoltaikanlagen zu verbieten. Mittlerweile haben sich auch Gerichte mit der Thematik befassen müssen und meist zugunsten der Mieter entschieden.
Was sind Balkonkraftwerke?
Als Balkonkraftwerke werden kleine Solaranlagen bezeichnet, welche problemlos am Balkongeländer installiert werden können. Die Einspeisung in das Stromnetz geschieht über die Steckdose, wobei häufig die Installation einer speziellen, für PV-Anlagen geeigneten Buchse vonnöten ist, um den reibungslosen Betrieb sicherzustellen. Zwei wichtige Aspekte geben Vermietern jedoch zu denken: Zum einen muss ein Balkonkraftwerk fachmännisch installiert werden, um die Brandgefahr zu minimieren. Mieter greifen allzu gerne auf sogenannte „Plug & Play“-Lösungen zurück, die zwar vermeintlich einfach in Betrieb genommen werden können, aber nicht für die Elektrik des Hauses geeignet sind. Zum anderen kann die Außenwirkung des Gebäudes durch die Installation einer PV-Anlage negativ beeinträchtigt werden. Mieter müssen bei Montagen auf dem Balkon dafür Sorge tragen, dass das äußere Erscheinungsbild nicht gestört wird.
Gerichtsurteil: Vermieter darf Balkonkraftwerk meistens nicht verbieten
Das Amtsgericht Stuttgart hat sich im Frühjahr dieses Jahres mit einer Klage einer Vermieterin befasst, die von ihrem Mieter die Entfernung eines fachmännisch angebrachten Balkonkraftwerks verlangte. Das Gericht urteilte, dass der Wohnungsmieter die Wohnungseigentümerin zwar hätte um Erlaubnis fragen müssen, diese die Zustimmung jedoch nicht versagen darf. Begründet wurde dies mit der fachgerechten Installation und der nicht beeinträchtigten Optik des Gebäudes durch die bauliche Maßnahme. Zudem berief sich das Gericht auf ein Urteil des Amtsgerichts München, welches die Installation einer PV-Anlage auf einer Terrasse als rechtmäßigen Gebrauch einstufte. Das Urteil aus Stuttgart ist unter dem Aktenzeichen 37 C 2283/20 öffentlich einsehbar.
Fachgerechte Installation erforderlich
Vermieter haben also schlechte Karten, wenn sie die Installation eines Balkonkraftwerks verbieten möchten. Erfolgt die Montage nicht fachgerecht oder wird die Außenwirkung gestört, haben sie die Möglichkeit, dies in einem Gerichtsprozess feststellen zu lassen. Des Weiteren muss der Rückbau einer PV-Anlage einfach möglich sein und darf keine bleibenden Schäden an der Mietsache hinterlassen. Besonders die VDE-Normen sind an dieser Stelle einzuhalten, um das Brandrisiko gering zu halten. Die Verantwortung des ordnungsgemäßen Betriebs liegt außerdem beim Mieter. Sollten Vermieter hier Zweifel haben, kann es unter Umständen notwendig sein, fachkundigen Rat einzuholen.
Der Einzelfall entscheidet
Vermieter müssen im Einzelfall entscheiden, ob die Anbringung einer PV-Anlage auf dem Balkon legitim ist. Einige Vermieter sind mittlerweile bereits dazu übergegangen, Einspeisesteckdosen auf dem Balkon zur Verfügung zu stellen. Der Aufwand und die Kosten sind minimal, garantieren aber die ordnungsgemäße Inbetriebnahme einer PV-Anlage. Des Weiteren wird allerdings auch ein entsprechender Stromzähler benötigt, um Strom ordnungsgemäß ins Stromnetz einspeisen zu können. Hier kann dann wiederum eine Nachrüstung des Netzbetreibers notwendig sein, was jedoch nicht im Zuständigkeitsbereich des Mieters liegt. Im Übrigen dürfen auch die umliegenden Gebäude nicht von einem Balkonkraftwerk gestört werden: Bereits 2017 urteilte das OLG Düsseldorf, dass eine Anlage zurückgebaut werden muss, wenn eine dauerhafte Blendwirkung auf das Nachbargebäude die Hausbewohner beeinträchtigt. (Az. I-9 U 35/17)